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In der Hoffnung auf eine Veränderung sind wir im letzten Jahr von Burgwedel nach Unna gezogen und haben dabei einiges aufgegeben und viel hinter uns gelassen. Zum einen die Wohnung, den Job sowie Familie und den Freundeskreis. Viele Dinge, die im Rahmen des systemtreuen Sicherheitsdenkens unverzichtbar sind. Ziel sollte zunächst sein einen (beruflichen) Neuanfang zu starten. Schließlich war ich mehr als genervt von meinem Job. Unzufriedenheit, Sinnkrisen, Erschöpfung und erste psychosomatische Beschwerden haben mich regelmäßig heimgesucht. Wie oft wollte ich schon das Handtuch werfen. Aber geht ja nicht… muss ja GELD VERDIENEN….

Der Wunsch nach einem Neubeginn lag aber nicht nur an meiner Arbeitsstelle. Ich wäre irgendwann von allem gelangweilt, solange es zu viel vom Selben ist, es mich vereinnahmt und mir die Luft zum Atmen nimmt. Ich brauche einfach die Abwechslung und eine gewisse Gestaltungskompetenz. Ich sah den Umzug somit als Chance endlich nachhaltig in meinem Leben etwas zu verändern. Ich konnte mir einfach nicht mehr vorstellen die nächsten Jahre immer so weiter zu machen.

Beinahe wäre ich nach einer kurzen Auszeit, welche mir sehr gut getan hat, wieder in die gleiche Tretmühle geraten. Es ist auch gar nicht immer einfach an sich selbst zu glauben und sich nicht dem allgemeinen Strom um sich herum hinzugeben.

Manchmal frage ich mich ob es eher eine Flucht war…ein „einfach weg“, anstatt zu neuen Zielen zu streben… vielleicht war das der Grund, dass mich wieder das Gefühl begleitet einfach nicht anzukommen. Wo war meine Heimat? Würde ich vielleicht in der Ferne finden was ich noch immer suche? Möglicherweise ist Heimat auch nicht an eine einzige Örtlichkeit gebunden? Auch das möchte ich unter Anderem herausfinden….

Seitdem mir das immer klarer wird, begleiten uns die Überlegungen einen viel weitreichenderen Schritt zu gehen. Zunächst waren es nur Gedanken, die in einem Moment vorbeiziehen wie zarte Wolken an einem Sommertag, dann jedoch wiederkehrend dichter werden, schwerer und unübersehbar wie ein heraufziehendes Gewitter und uns fortan ständig verfolgen. Irgendetwas hatte sich verändert. Wir hatten uns verändert.

 

Vielleicht war der Umzug aber auch letztendlich einfach der erste Schritt in ein neues Leben. Es ging nicht nur um einen neuen Job oder um beruflichen Wandel. Wir wollten auch die räumliche Ablösung. Wir konnten es uns einfach nicht vorstellen unser ganzes Leben in Großburgwedel zu verbringen. Manchmal bedarf es etwas Abstand um einen klareren Blick auf die Dinge zu bekommen.

Mit diesem Abstand von der Heimat sind wir natürlich immer noch vollständig Teil des Systems, konnten uns aber von vielen beruflichen und familiären Verflechtungen ein wenig frei machen, was vermutlich überhaupt den Weg freigemacht hat auch über alternative Lebensentwürfe nachdenken zu können.

Bekräftigt in unserer Entscheidung hat uns letztendlich neben den eigenen Sehnsüchten und dem aktuellen Weltgeschehen auch die Geschichte in unseren Familien.

Der frühe Tod meiner Mutter und auch die Erkrankungen meiner Schwiegereltern. Die Beiden wollten auch reisen gehen, sich einen schönen Lebensabend machen. Nochmal was sehen von der Welt. Beide haben immer viel gearbeitet und viel zu viel auf „Später“ vertagt. Mit dem Eintritt in die Rente kam dann erst die neue Hüfte, gefolgt von der Osteoporose, dann der Krebs gekrönt von der Schizophrenie…jetzt das Herz und die zweite Hüfte…und weiter kein Ende in Sicht. Heute wird nur noch zum Arzt oder gleich ins Krankenhaus gereist. Man fährt nicht weit, dafür aber regelmäßig…..

So, dafür hat man dann sein Leben lang geschuftet? Soviel zum Thema Rente mit 70! Wir werden ja alle immer älter! Das mag vielleicht stimmen, aber sind wir dabei gesünder? Sind wir glücklich, wenn wir zum x-ten Mal zum Chefarzt rennen, denn wir haben ja fürs Alter gespart und eine tolle Zusatzversicherung. Und auch die Kaschmirdecken im Luxusaltenheim tragen mit Sicherheit zu einem gesteigerten Wohlbefinden bei.

Auf dem Sterbebett liegend werden wir uns sicher wünschen doch noch die eine oder andere Besprechung mehr mitgenommen zu haben und die kleinen Lücken in unserem nur fast aalglatten Lebenslauf verfluchen. Dann wären wir sicher befördert worden, wären noch viel reicher und nun hätte man sich wenigstens noch den Rollator mit Sportbereifung leisten können! Ich wäre der Star auf der Etage! Nicht zu vergessen die güldene Bettpfanne…So ein Mist!

 

Ja ich weiß, meine Zeilen sind mehr als zynisch, aber ich finde es wichtig sich somit vor Augen zu führen, dass wir vor allem in der Gegenwart leben. Vielleicht musste ich selbst erst in den Abgrund blicken um das zu begreifen. Das Leben ist nun mal vergänglich. „Alles fließt“ wie schon Heraklit zu sagen pflegte.

Manches begleitet uns länger, aber manche Situationen und Möglichkeiten, manche Erlebnisse wird es nur dieses eine mal geben. Sie kommen nicht wieder. Lebe sie also, solange du es kannst. Wir haben nur dieses eine Leben. Vielleicht ist es morgen oder auch nachher schon zu spät. Für Immer!

Ich weiß dass auch unsere Eltern andere Träume und Wünsche hatten. Nun ist es zu spät. Leider. Niemand weiß was uns in 1, 5 oder gar 30 Jahren erwartet.

Wir haben uns entschieden nicht die gleichen „Fehler“ zu machen und dem schon gar nicht nachzueifern. Natürlich macht es Sinn einen Notgroschen zu sparen. Auch um sich bestimmte Träume zu erfüllen, kommt man um ein Startkapital nicht herum. Aber sich nur dumm und krumm ackern und  für später…irgendetwas in weiter Zukunft? Um weiter Besitztümer anzuhäufen, die wir nicht brauchen, als Sklaven der nächsten Finanzierung? Das freut sicher die Wirtschaft, die Banken und somit auch den Staat. Mich persönlich eher nicht. Ich entferne mich nur immer weiter von mir selbst.

Woher wissen wir, dass das jetzige System so bestehen bleibt, kein Krieg ausbricht, keine Naturkatastrophen und auch keine Krankheiten uns ereilen? Wäre es nicht naiv davon auszugehen, dass wir mit unserem Traum von einer Reise auf unbestimmte Zeit locker 35 Jahre warten können, weil dann ganz sicher noch alles beim Alten sein wird?

>>> Was mein Denken noch so nachhaltig verändert hat steht bald hier (Wildnispädagogik).

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