….da war er wieder, der Gedanke, dass das Hier und Heute, wie es ist so überhaupt nix mit mir und meinem Zielen im Einklang steht.
Wie viele Stunden hatte ich nun wieder im Büro verbracht? Mein Blick richtete sich gegen die graue Fassade des gegenüberliegenden Gebäudes. Milchige Fenster, teilweise verdeckt von schiefen, weißen Jalousien, welche die triste Einfältigkeit verbergen, aber auch ungeschönt unseren und auch meinen wenig lebendigen Alltag preisgeben.
Habe ich das gewollt? Nagende Gedanken machen sich wiederholt breit und lenken meine Aufmerksamkeit von meiner mit Nichtigkeiten gefüllten Bildschirmoberfläche ab. Befinde ich mich in einem schlechten Roman oder Film im Nachmittagsprogramm welcher nebenbei vor sich hin flimmert ? Bin ich die Hauptfigur in meinem Leben oder eine belanglose Nebendarstellerin?
Ich ertappe mich dabei wieder nur darauf zu warten, dass der Tag endlich endet. Eigentlich wollte ich doch nie ins Büro. Nine-to-five und dann abends resigniert vor dem Fernseher zu sitzen, um dort wiederrum auf den nächsten unspektakulären Tag zu warten. So will und wollte ich nie sein, nie leben, hatte ich mir geschworen und war doch genau hier in der Bürohölle gelandet. Doch wie konnte es soweit kommen?
Schon immer habe ich mich draußen in der Natur am Wohlsten gefühlt. Wenige Menschen, viele Tiere, viel naturbelassenes Grün. Viel mehr habe ich schon in meiner Kindheit nicht gebraucht. Ich konnte mich stundenlang im Hier und Jetzt verlieren mich selbst spüren und dabei so lebendig fühlen in der Annahme dieses Sein würde niemals enden. Habe ich doch damals in jungen Jahren schon intuitiv gewusst was mir gut tut.
Was war da eigentlich los in den letzten Jahren? Sind es die Schicksalsschläge, die unsere Sehnsucht verstummen lässt oder die Indoktrination der Gesellschaft, welche uns in die immer gleiche Richtung lenkt?
Dieses ständige Verlangen nach Statussymbolen und das einhergehende Sicherheitsgedöns, welche mit unseren eigentlichen Zielen herzlich wenig gemein haben. Mein Haus, Mein Auto, meine Versicherung, mein ….
Werte, die uns wenig erfüllen sondern eher ein selbstbestimmtes Dasein unmöglich machen, uns gar versklaven und uns als uns selbst fremde Marionetten entlarven, die nicht ihr eigenes, sondern ein fremd gesteuertes Leben führen, indem wir uns kaum noch selbst spüren. Indem all die wunderbaren Jahre vorbei ziehen. Wo wir die Schönheit, die uns umgibt kaum noch wahrnehmen, weil wir mal wieder so wahnsinnig beschäftigt sind mit diesem ganzen Kram aus Arbeit, Karriere und Konsum. Jahre, die einfach weg sind, von denen wir kaum oder gar nicht mehr wissen was da war…
Ein entschiedenes und Klares „NEIN!“ stürzt sich in meine Gedanken, macht sich breit und wird immer übermächtiger, umso mehr Unrecht und Unverständnis über das vorherrschende System sich in mir manifestiert.
Stets war ich mir sicher gewesen, dass ich Spuren hinterlassen wollte, etwas Großartiges vollbringen das sich nachhaltig einprägt. Doch was ist daraus geworden?
Wo hatte ich meine Leidenschaft verloren? War sie mir einfach belanglos aus der Hosentasche gefallen? Den Straßenrand entlang gerollt und in den nächsten Gulli geplumpst? Oder hatte ich Sie selbst im vollen Bewusstsein weggeworfen in dem Glauben ein von Geld und Materialismus geprägtes Leben führen zu wollen, nachdem ich nach jahrelanger „Entbehrung“ kurzzeitig den angeblichen Duft des Wohlstandes geschnuppert hatte?
So hatte ich doch viele kreative Stunden der Einsamkeit und der Einsicht verbracht, die mir die Klarheit und Offensichtlichkeit meiner Situation ins Gesicht geschrien haben. Immer wieder.
Wieso handele ich nie entsprechend? Was hält mich ab? Ist es die Angst? Angst wovor? Davor, dass zu tun was ich mir so selig wünsche? Was wünsche ich mir?
Um das zu erkunden und zu beschreiben muss ich wohl weit ausholen und auch tief ansetzen. Noch weit bevor der wichtigste Mensch überhaupt so bedeutend in mein Leben trat.
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„Wir schreiben das Jahr1994. Kreischend und bimmelnd stoppte die S-Bahn vor meinem Füssen und ließ mich mit einem hektischen Sprung aus meinen trüben Gedanken aufschrecken. Ich muss gestehen, dass trotz aller meiner jugendlichen „Anti-Gefühle“ mir mächtig das Herz in die Hose rutschte und sämtliches Adrenalin mich zu der klaren Reaktion noch gerade rechtzeitig von den Gleisen zu springen verhalf. Hatte ich geschlafen und meine Umgebung vergessen? Völlig verloren in Gedanken war ich vor mich hingetrottet. Hatte einmal mehr die Welt und das Leben verflucht auf der Suche nach dem Sinn… Woran konnte ich festmachen, ob ich schlief oder wach war?“
Etwa zu dieser Zeit, ich war damals 13 Jahre alt, war ich bereits häufiger über die Frage nach dem eigentlichen Sinn des Lebens gestolpert. Sollte unsere Existenz, unser Sinn nur der Fortpflanzung und damit einhergehenden Erhalt der Biodiversität dienen, quasi als eine Laune der Natur? Warum sind wir dann so komplexe Wesen?
Oder ist es gar die mittlerweile entartete Industrialisierung, der Kapitalismus und die Digitalisierung….immer mehr , immer größer, weiter, schneller, mehr …..mehr Wachstum, mehr Profit, mehr arbeiten, mehr kaufen mehr besitzen….? Ist es das was uns erfüllt und glücklich macht?
Diese Sinnfrage wechselte sich seitdem mit Fragen philosophischer Natur und einem ständig bohrendem „War das jetzt alles?“
40 Stunden im Büro sitzen + sich etwa 2 Stunden täglich durch träge Blechlawinen quälen, noch den schnellen Kampf an der Supermarktkasse bewältigen, bevor man sich der allabendlichen Sofa-TrashTV-Orgie hingeben kann, die diese eigene Sinnlosigkeit und Ziellosigkeit für einen weiteren Tag unhinterfragt lässt, bevor der ganze Mist nach einem dumpfen traumlosen Schlaf wieder von vorne beginnt…. das Hamsterrad mit Verpflichtungen und Existenzängsten gespickt dreht sich ächzend aber unaufhörlich fort… Hauptsache die scheinbar so verlockende Karriereleiter erklimmen, bis man desillusioniert mit einem mächtigen „Burn-OUT“ im Gepäck herunterfällt, gnadenlos ersetzt vom nächsten Leistungsgesellschaft-Zombie …. So verschwindet ein Jahr nach dem anderen, vielleicht etwas verziert von kleinen Highlights. Eine Unternehmung am Wochenende, portionierte Freiheit im Rahmen des streng begrenzten Jahresurlaubes, der gerade mal dazu genügt der Erschöpfung Herr zu werden die sich unser bemächtigt hat. Weniger um zu erahnen, welches Potenzial das wahre freie Leben bietet. Verschüttet unter all diesen so „unendlich wichtigen“ Dingen wie Karriere, Prestige, Party, Markenklamotten und das neue schicke Auto, das Reihenhaus, welches mich, wenn man der aktuellen Diskussion um das Thema Rente glauben schenken mag, bis mindestens 70 an meinen verhassten, aber zumindest mittelmäßig bezahlten Job kettet….
Und wieder fragte ich mich was das eigentlich alles sollte? Wir opfern die besten Jahres für was eigentlich? Geld? Die neue Religion, die wir Arbeit nennen? Ansehen? Um Teil einer gehetzten, entfremdeten Gesellschaft zu sein? Obrigkeitshörigkeit? Ewiges Gerede?
Für so etwas in der Art, wie ich die Besprechungskultur , die ich im Rahmen meines bisherigen Berufslebens kennenlernen durfte beschreiben würde?: Ein Wechselspiel zwischen diesem penetranten „Will to Please“ Gebaren in Gegenwart von angeblich wichtigen Personen, mit dem sie jeden treuen Hund in den Schatten stellen und einer penetranten, für gewöhnlich in kleineren Runden, auftretenden Profilneurose?….Kollegen, die zur Toilette joggen, um möglichst schnell wieder zurück an ihren Arbeitsplatz zu gelangen..?…Euer Ernst?..What the fuck…?!
Ich fühlte mich darin stets fremd und war auch nach Jahren nicht angekommen, nicht zugehörig, als wenn mein Vertrag sowieso bald ausläuft. Ständig frage ich mich was ich hier eigentlich mache und was das überhaupt mit mir zu tun hat. Total ferngesteuert bin ich da trotzdem jahrelang weiter hingelaufen….
Ich fühlte mich total gefangen in meinen ganzen Verpflichtungen und all die Dinge, die mir wichtig sind, Abenteuer und Freiheit waren unerreichbar geworden. War ich auch ein Sklave des Systems geworden ohne es zu merken?
Ich bin all dieser Dinge so schrecklich müde geworden. War es früher für mich das ultimative Highlight gewesen am Wochenende feiern zu gehen, DAS nächste Event, dem ich schon zu Beginn der Woche entgegenfieberte, war diese Art der Unterhaltung mittlerweile zu einem leisen Zucken in einer wabernden Alltagsmasse verkommen. In der Stadt shoppen zu gehen ist für mich mittlerweile genauso spannend wie das Wartezimmer beim Arzt. Ein neues Auto oder gar ein Eigenheim zu besitzen hat in etwa den Reiz des neuen „Gala-Magazins“ für mich erreicht….
War ich etwa depressiv geworden oder hab ich einfach nur gelernt auf meine wahren inneren Bedürfnisse zu hören und nicht den Absurditäten zu glauben was uns die Medien und die Werbung suggerieren?…
Es macht mich zunehmend traurig zu sehen, dass wenige Menschen im Alltag noch einen Blick für die Schönheit der Natur, der sich bietenden wunderbaren Momente annehmen und einfach im Hier und Jetzt den Augenblick des Farbenspiels des bevorstehenden Sonnenuntergangs zu genießen oder ganz im Einklang und Frieden mit sich selbst und der Umgebung die tanzenden Schmetterlinge auf der Blumenwiese zu beobachten.
Mir ist inzwischen klar geworden, dass ich mir etwas anderes für mein Leben wünsche. Ebenso auch, dass ich die einzige Person bin, die an der jetzigen Situation etwas ändern kann.